




Wort zum Tage, 14.05.2022
Pfarrer Klemens Geiger, Wolfertschwenden
Das Spiel geht weiter
Neben meinem Haus befindet sich die Kinderkrippe und im nächsten Gebäude der Kindergarten. Da ist den ganzen Tag Lärmen und Toben, Kinderlachen und manchmal auch Weinen.
Es ist ein lebendiges Treiben untertags in meiner Nachbarschaft. Wenn die Kinder wieder Zuhause sind und ich am Abend durch meinen Garten gehe, finde ich immer wieder einmal einen Ball, der beim Spielen über den Zaun bei mir gelandet ist.
Dann nehme ich den Ball und werfe ihn über den Zaun zurück, damit für die Kinder am nächsten Tag das Spiel weiter gehen kann.
Kürzlich lag wieder ein Ball auf meiner Wiese. Als ich ihn zurückwarf, kam mir der Gedanke, dass es Gott in meinem Leben eigentlich auch so macht. Er wirft mir den Ball immer wieder zurück, damit das Leben weiter geht. Zugegeben oft nicht gleich am selben Tag, aber irgendwann.
Da braucht es manchmal schon etwas Geduld. Ich kann mich an einige Situationen erinnern, in denen ich einfach da stand und nicht wusste, wie es jetzt weiter gehen soll. Ich war wie gelähmt. Alles erschien so sinnlos und leer. Die Lebensfreude war dahin.
Einmal war es zum Beispiel der vollkommen unerwartete, plötzliche Tod eines mir sehr nahen Menschen. Einmal war es eine große Krise im beruflichen Team und ein anderes Mal die Erfahrung der eigenen körperlichen Grenzen verbunden mit großen Schmerzen und dem Gefühl, dass es so einfach nicht weiter gehen kann. Der Ball des Lebens lag jedes Mal regelrecht im Aus.
Wie soll ich den heutigen Tag überstehen? Wie kann ich das Ruder wieder herumreißen? Diese Fragen drehten sich in diesen Situationen in meinem Kopf. Ich fühlte mich machtlos und hilflos. Es war wie ein schwerer Stein, der auf mir lastete.
In diesen Momenten habe ich mit Gott, an den ich glaube, wirklich gehadert. Er schien mir so fern, so unwirklich. Ist er noch da? Begleitet er noch mein Leben? Ich war in diesen Lebensphasen voller Zweifel.
Doch dann gab es eben auch immer wieder Begegnungen, Gespräche oder Erlebnisse, die dem Ganzen eine Wendung gaben. Ich konnte plötzlich manches in einem anderen Licht sehen und wieder Lebensmut schöpfen. Da war wieder Kraft spürbar. Eine Kraft, die ich selbst nicht machen oder herbeiführen konnte. Sie wurde mir geschenkt.
Ich glaube, dass sie von Gott kam. Es war so, als hätte er den Ball wieder über den Zaun geworfen. Das Spiel ging weiter. Und ich konnte mitspielen - mit ganz neuen Erfahrungen. Diese hätte ich mir so nie ausgesucht, aber sie haben mich ein Stück weit menschlicher und mitfühlsamer gemacht.
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Über den Autor Klemens Geiger

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klemens.geiger@katholische-kirchen-groenenbach.de
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