




Wort zum Tage, 05.01.2022
Andreas Brauns, Schellerten
In der Spur Jesu
Wer in diesen Tagen eine Kirche betritt und eine Darstellung sucht von dem Mann, auf den das Christentum sich beruft, muss nur auf die Krippe schauen. Da ist Jesus als Kind zu sehen, geboren auf einer Reise.
Dieses Kind teilt das Schicksal von Flüchtlingskindern, die heute unterwegs geboren werden – in Lagern, in der Wüste, auf dem Meer. Man könnte sagen: Gott hat in seinem Sohn Jesus von Anfang an Position bezogen.
Er war unter den Kleinen und Armen, nicht unter Gelehrten und Mächtigen. Die haben ihn später ans Kreuz gebracht. Dem Symbol des Christentums. In jeder Kirche ist der Gekreuzigte zu sehen.
Für die Kirche ist Jesus der Sohn Gottes, der Erlöser, der sein Leben hingegeben hat, um uns Menschen ein ewiges Leben bei Gott zu eröffnen. Aber ist der Focus alleine darauf nicht zu wenig? Der Religionspädagoge Hubertus Halbfas beantwortet diese Frage mit einem klaren Ja. Er schreibt:
„Wenn der historische Jesus und sein Programm, sein Handeln für das Reich Gottes, nicht in der Welt präsent bleiben, bleibt auch das Rest-Christentum entbehrlich.“
Halbfas möchte Menschen wachrütteln. Denn Frömmigkeit endet für ihn keineswegs an der Kirchenschwelle. Nein, die Welt braucht fromme, also rechtschaffene und tüchtige Menschen, die sich einsetzen für andere und für die Schöpfung. Frauen und Männer, die dem Mann aus Nazareth auf seinem unbequemen Weg folgen.
Jesus hat die Frauen und Männer angesehen, die alles andere als hoch angesehen waren. Die Frommen seiner Zeit wollten nichts zu tun haben mit Prostituierten, mit Zöllnern, die für die Römer arbeiteten, mit Aussätzigen und all jenen Menschen, die nicht nach dem Gesetz lebten, das ihnen von Gott gegeben war. Viel zu groß war die Angst, durch den Kontakt mit solchen Menschen selbst in Gefahr zu geraten, unrein zu werden.
Jesus kannte diese Angst nicht. Er ist den Menschen begegnet, ohne sie zu verurteilen, hat ihre Not gesehen, ihnen nicht ihre Verfehlungen vorgehalten. Damit hat er die Frommen seiner Zeit irritiert. Wie konnte sich so ein Mann bei seinem Tun auf Gott berufen?
Und heute? Da werden Menschen schief angesehen, dich sich hartnäckig dafür einsetzen, anders mit unserem Planeten umzugehen. Die Frauen und Männer nicht ablehnen, weil sie anders lieben als sie es selbst kennen. Sich einsetzen für all jene, die nicht willkommen sind, die Angst haben, weil sie fremd sind.
Solange es Menschen gibt, die sich denen zuwenden, die am Rand stehen, die bleiben und gängige Lebensmuster infrage stellen, solange ist in dieser Welt sichtbar, was Jesus zu seiner Zeit deutlich gemacht hat: Es geht auch anders.
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Über den Autor Andreas Brauns

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