




Wort zum Tage, 23.02.2019
Diakon Paul Lang aus Amöneburg
Wem gehört das Haus?
Haussprüche lese ich gerne. Oft sprühen sie von Weisheit und Lebenserfahrung, viele haben Witz und machen nachdenklich, auch wenn das Versmaß einmal holprig ird.
Auf einem alten Haus in Treysa, im Schwalm-Ederkreis stehen diese Verse:
„Dieses Haus ist mein / Und doch nicht mein. / Dem Zweiten wird / es auch nicht sein! /
Dem Dritten wird / es übergeben, / doch er wird auch / nicht ewig leben.
Den Vierten trägt / man auch hinaus / Nun sag‘ mein Freund / Wem gehört das Haus?“
Zu den tiefen Sehnsüchten von uns Menschen gehört: Wir wollen nicht nur vorübergehend da sein. Wir wünschen uns Heimat und Besitz. Das bedeutet für uns Geborgensein und Sicherheit; Beständigkeit. Der Hausbesitzer in Treysa kannte diese Sorge offenbar.
Jesus erzählt seinen Zuhörern einmal eine Geschichte. Ich meine, da geht es um dasselbe Thema. Das Lukas-Evangelium überliefert sie: „Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte. Da überlegte der Mann: Was soll ich tun? Ich habe keinen Platz, wo ich meine Ernte unterbringen könnte. Schließlich sagte er: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein Getreide unterbringen. Dann werde ich mir sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freue dich! Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann das gehören, was du angehäuft hast?“
Provozierend ist das, finde ich. Dabei ist das doch das Credo unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems: Für die Zukunft vorzusorgen und wirtschaftlichen Erfolg zu Investitionen zu nutzen. Das hat sich seit Jahrhunderten bewährt. Der Widerspruch lässt sich am ehesten durch einen Wechsel der Blickrichtung auflösen. Der Verfasser des Hausspruches hält nicht das Bauen eines Hauses für bedenklich. Genauso wenig Jesus das Errichten einer Scheune und das Sammeln von Vorräten. Das, was wirklich Bestand hat, was im letzten wirklich zählt, das ist nicht wirtschaftlicher Erfolg, das sind nicht Besitz und Wohlstand.
Die Warnung „Du Narr“ lese ich nicht als Drohung mit der zeitlichen Begrenztheit des Lebens. Es ist vielmehr die weise Aufforderung, allem Materiellen den richtigen Stellenwert beizumessen. „Du musst nicht großen Besitz aufgehäuft haben, um froh zu sein.“ Ebenso gilt sicher auch: „Sei nicht eifersüchtig auf den Besitz anderer, denn: er ist vergänglich.“
Gelassenheit im Umgang mit Besitz macht, bin ich überzeugt, auch frei für Neues und für das ganz andere und noch Unbekannte. Es lohnt das zu trainieren. Der Hausbesitzer in Treysa hat es vor langer Zeit erkannt.
Die redaktionelle Verantwortung für diesen Beitrag liegt bei Martin Korden, Senderbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Deutschlandfunk Kultur.
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Kontakt:
paul.lang@bistum-fulda.de
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